Erste Schritte


Ich wähle diesen Titel bewusst, auch wenn er in Beziehung zur Hospiz und Palliativarbeit
vielleicht gegensätzlich wirkt.

So hat er doch für mich gerade hier und jetzt eine wichtige Bedeutung, da es meine Ersten
Schritte in diesem Bereich sind, Neuland also, das ich betreten habe. Diese ersten Schritte
haben mich sehr berührt und mir bewusst gemacht, wie komplex und sensibel die Hospiz
und Palliativarbeit ist. Bevor ich weiter ausführe, was ich bisher erlebt habe, möchte ich ein
Zitat wiedergeben, welches meine ganz persönlichen Gefühle widerspiegelt:

„Im Bewusstsein der Endlichkeit des Lebens kann es nur heißen: Feiere das Leben! Reite diese
Welle mit all ihren schönen, traurigen, beglückenden, komplizierten, überraschenden
Momenten. Nimm die Menschen um dich herum wahr, die Natur, sei offen für Neues, sei
achtsam mit deinen Gefühlen, schreib deine eigene Geschichte und lass dich von anderen
inspirieren.“ (Marina Baldauf)

Das könnte mein Lebensmotto sein, oder soll ich nun Sterbensmotto sagen? Ich bin unsicher.

Und müsste ich nicht eigentlich sicherer sein, denn ich bin ja ein Profi, oder?

Wie viel Professionalität kann ein Mensch im Angesicht der Endlichkeit aufbringen? Was
macht diese Professionalität in diesen Momenten aus?

Hier nur ein paar meiner Gedanken, der ersten Tage, meiner ersten Schritte, als neue
Koordinatorin im Ambulanten Hospizdienst der MartinLutherStiftung.

Auch ich bin ein Mensch, der schmerzhafte Verluste erlebt hat und, nicht zuletzt deswegen,
diese Arbeit so gut wie möglich machen will.

Da sein will, das Richtige sagen will, Lösungen und Wege aufzeigen will. Als Mensch für
andere Menschen.

Als Koordinatorin und Fachkraft möchte ich das Thema Tod und Sterben, den Menschen
zugänglicher, bewusster machen. Ihnen beistehen, um den Tod und das Sterben als Teil des
Lebens anzuerkennen und besser akzeptieren zu können.

Ich habe allerdings schon bei meinem ersten Besuch am Bett einer Patientin gemerkt, dass
das unter Umständen gar nicht so leicht ist und ich Zeit brauche, in Form von Schritten.

Erste Schritte: Ich gehe sie gern. Und, hierbei bin ich ganz sicher, ich werde beim Gehen
wunderbar begleitet, um die Ziele, die ich oben genannt habe, als Mensch und als
professionelle Fachkraft in meiner Arbeit, aber auch für mein Leben, denn es tangiert uns
alle, erreichen zu können.


Yasemin Grasmück