Ich habe einen Bewohner in der Sterbephase begleitet. Einen Tag bevor er verstarb, saß ich neben seinem Bett im Zimmer und habe ihm ein Lied vorgesungen und dabei Gitarre gespielt. Ich hatte ihm das angeboten und er nahm es an. Nachdem ich das Lied fertig gesungen hatte, sah ich Tränen in seinen Augen. Ich nahm seine Hand und habe sie leicht gedrückt. Er fragte mich: „Warum machst du das?“ Ich antwortete: „Ich will dich unterstützen. Ich habe das Gefühl, du brauchst das.“ Und er sagte: „Kann es sein, dass du das mehr brauchst als ich? Ich habe keine Angst. Ich bin zufrieden und bereit, endlich diese Welt zu verlassen. Du brauchst keine Angst zu haben, es wird schon alles gut sein mit mir. Ich weiß schon, was mich erwartet.“

Er hatte recht. Seine Hand zu halten hat mir selbst mehr geholfen als ihm. Ich hatte tierische Angst um ihn und vor dem, was danach kommt. Ich hatte Angst um mich selbst und vor dem, was MICH nach dem Tod erwarten würde. Wie er das gewusst hat, weiß ich bis heute nicht. Ich habe in diesem Moment gespürt, wie temporär Leben ist und wie wichtig es ist, RICHTIG zu leben, damit man am Ende liegen und sagen kann: „Hab keine Angst. Ich bin zufrieden und ich weiß schon, was mich danach erwartet.“ Genau das will ich einmal sagen können, wenn es soweit ist. Aber bis dahin werde ich RICHTIG leben.

Eugene Asira, 25. April 2021