Letztes Jahr wurde ich in einem Foto-Interview gefragt, wie ich Sterbenden helfe. Ich musste ohne Worte antworten. Also griff ich zu Zettel und Stift und hielt mir nach dem Schreiben das Wort „Sterbende“ vor die Brust.

Wann ist ein Mensch „sterbend“? Ich weiß, wie ambivalent diese Frage ist. Seit 2007 stellen wir sie in unseren Hospiz-Vorbereitungskursen. Die eine sagt dann „ab der Geburt“, die andere „wenn körperliche Sterbeanzeichen auftreten“ und noch ein anderer sieht darin einen inneren Abschied vom Leben, der eher psychisch als körperlich bedingt ist.

Und obwohl wir in der Hospizarbeit von dieser Definitionsvielfalt wissen, schreiben wir unbeirrt weiter in unsere Flyer, dass wir „Sterbende und ihre Zugehörigen“ begleiten – als wären sie eine klar definierte Zielgruppe. Ich frage mich: Tun wir unseren Anliegen damit denn wirklich einen Gefallen? Oder legen wir uns ungewollt vielleicht selbst Steine in den Weg? Und nicht zuletzt: Wie wäre eigentlich die Selbstbezeichnung von Menschen, die wir begleiten? Es ist nämlich so, dass es nach wie vor große Hemmungen gibt, hospizliche Angebote in Anspruch zu nehmen und die Betroffenen sie, wenn überhaupt, oft leider erst sehr, sehr spät anfragen…

Ich bin eine Sterbende. Ja. Denn ich werde einmal sterben. Aber ich bin vor allem eine Lebende! Ich liebe das Leben und glaube, dass ich mich selbst bis zuletzt als „Lebende“ empfinden werden.

Was denkst du dazu?

Kerstin Slowik, 29. April 2022